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Muse, Produkt, Assistentin: die Rollen von AI in Kreativunternehmen

Welche Rollen sollte KI innerhalb eines kreativwirtschaftlichen Unternehmens einnehmen? Überraschende Antworten gaben Expert*innen auf dem German Creative Economy Summit.

Muse, Produkt, Assistentin: die Rollen von AI in Kreativunternehmen -

Gen AI ist da und mit ihr die Frage, welche Rolle sie innerhalb eines kreativwirtschaftlichen Unternehmens einnehmen sollte. Antworten gaben Expert*innen aller 11 Teilmärkte auf dem German Creative Economy Summit (GCES). Während Risiken unterschiedlich bewertet werden, waren sich die Speaker*innen einig: Ob Soloselbstständige, KMU oder Großunternehmen, KI ist entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg der Zukunft – wenn man sie richtig einsetzt.

KI als Muse

Kreative Krisen, ausbleibende Inspiration, überholte Routinen: Kreative brauchen Ideen, die sie aufrütteln. Ein Beispiel steht lächelnd auf der Bühne K6 beim GCES: Künstler Roman Lipski, der sich schon 2016 mithilfe von KI aus einer Schaffenskrise zog. Damals programmierte Birds on Mars, eine Berliner KI-Agentur, dem polnischen Maler eine KI-Muse, von der sich Lipski visuell inspirieren lassen sollte.

Der Maler experimentierte mutiger mit Farben und Formen, die KI als Muse veränderte seinen Malstil.

Roman Lipski

Das Besondere: Die KI bediente sich seiner eigenen Werke. So entstanden neue Bilder, die kohärent mit seinem Gesamtwerk waren – und doch den künstlerischen Weg verließen, den Lipski bisher gegangen war. Der Maler experimentierte mutiger mit Farben und Formen, die KI als Muse veränderte seinen Malstil. Durch das Vorgehen wurde er sogar zum konzeptionellen Künstler.

„Ich habe damals alle Sammler verloren“, beschreibt Roman Lipski die risikoreiche Entscheidung. Dennoch bereut er sie nicht: Die KI war der Wegweiser durch seine Krise. „In der Kunst sind siebzig Prozent Denken und dreißig Prozent Malen“, beschreibt er seinen Schaffensprozess – und KI unterstützte ihn in den siebzig Prozent, die mit dem Pinselstrich noch wenig zu tun haben.

Obwohl er alle Sammler verlor, bereut der Maler Roman Lipski seine Entscheidung nicht, KI als Muse einzusetzen.
Obwohl er alle Sammler verlor, bereut der Maler Roman Lipski seine Entscheidung nicht, KI als Muse einzusetzen.

Heute warnt der Künstler davor, sich als unerfahrene*r Künstler*in zu stark mit KI-generierter Kunst auseinanderzusetzen. Erfahrung mit und Vertrauen in das eigene Oeuvre seien von Vorteil, denn die generative „Kreativität“ könne zu eigener künstlerischer Stagnation führen, die Begeisterung übermannend sein. Wer es schafft, KI als Muse – und nicht als Ersatz der eigenen Leistung – zu sehen, kann sie wegweisend für sich nutzen.

KI als Produkt

„Das kann doch jetzt KI“: Ein Satz, den weder Agenturchefin noch Freelancer hören möchte. Die Bedrohung durch generative KI ist in aller Munde und nicht selten werden Akteur*innen der Kreativwirtschaft als Leidtragende inszeniert. „Es ist wichtig, als beratende Instanz aufzutreten, nicht als Opfer dieser Entwicklung“, weiß Larissa Pohl, Strategin bei WPP Open X und ehrenamtliche Präsidentin des GWA. Das bedeute zwar im ersten Schritt eine massive finanzielle, personelle und zeitliche Investition in die Tools, betont die Marketing-Expertin, langfristig sichere es jedoch die Positionierung von Kreativen in ihrer Branche.

"Nicht als Opfer der Entwicklung auftreten", rät Larissa Pohl, Strategin bei WPP Open X und ehrenamtliche Präsidentin des GWA.
"Nicht als Opfer der Entwicklung auftreten", rät Larissa Pohl, Strategin bei WPP Open X und ehrenamtliche Präsidentin des GWA.
Wer die Tools beherrscht, gewinnt, meint Klaas Bollhoefer, Chief Strategist bei Birds on Mars.
Wer die Tools beherrscht, gewinnt, meint Klaas Bollhoefer, Chief Strategist bei Birds on Mars.

Auch Klaas Bollhoefer entschärft das „Mensch-versus-Maschinen-Narrativ“, bei dem Kreativschaffende im Kampf gegen den Vormarsch von KI nur verlieren können. „Diese Erzählung ist nur so lange valide, wie wir die Maschine nicht verstehen“, sagt der KI-Experte, Gründer und Chief Strategist von Birds on Mars und ruft zur intensiven Auseinandersetzung auf. Wer KI also nicht nur als interne Ressource betrachtet, sondern den sicheren Umgang mit den neuen Tools zur verwertbaren Dienstleistung macht, sichert sich trotz wandelnder Anforderungen einen Platz am Branchentisch.

KI als Assistentin

Im kontroversen Diskurs der Kreativwirtschaft können sich auch kritische Positionen meist auf eines einigen: Eine Chance von KI liegt in der Effizienzsteigerung, um Prozesse schneller, günstiger und weniger anfällig für Fehler zu machen. KI kann, sollte und wird zeitaufwendige, repetitive Aufgaben übernehmen, um personelle Ressourcen für andere Aufgabenfelder freizumachen. Insbesondere der Einsatz nicht-generativer KI ist eine wichtige Ressource für Freelancer*innen und Großunternehmen der Brachen gleichermaßen.

„Wenn wir als Menschen einen anderen Menschen erwarten, sollte da auch künftig einer sein.“

Lisa Steigertahl, Microsoft

Doch welche Tätigkeiten sollten künftig aus der Hand gegeben werden? Lisa Steigertahl, leitende Innovationsstrategin im Geschäftsbereich Öffentlicher Sektor bei Microsoft, gibt eine einfache Faustregel mit auf den Weg: „Wenn wir als Menschen einen anderen Menschen erwarten, sollte da auch künftig einer sein.“ So darf das persönliche Feedbackgespräch oder die körperliche Bühnenperformance nicht ersetzt werden. Der Versand der monatlichen Lohnabrechnung, routinierter E-Mailverkehr oder Inventur kann auch ohne menschliches Zutun erfolgen. „KI ist dafür da, Muster zu erkennen und zu reproduzieren. Menschen sind künftig für das zuständig, was außerhalb dieser Muster passiert – für das Neue und Herausstechende“, beschreibt Sven Bliedung von der Heide, CEO bei Volucap, die Einsatzbereiche.

Lisa Steigertahl, leitende Innovationsstrategin bei Microsoft, wird Feedbackgespräche auch in Zukunft persönlich führen.
Lisa Steigertahl, leitende Innovationsstrategin bei Microsoft, wird Feedbackgespräche auch in Zukunft persönlich führen.
KI erkennt Muster, Menschen haben Ideen, meint auch Sven Bliedung von der Heide, CEO bei Volucap.
KI erkennt Muster, Menschen haben Ideen, meint auch Sven Bliedung von der Heide, CEO bei Volucap.

Ein Beispiel aus der Praxis: Gründer Jochen Adler führt mit kompreno ein Unternehmen, das „ohne KI nicht zu machen wäre“. Das Start-up übersetzt journalistische Texte und macht sie so für Lesende verschiedener europäischer Staaten zugänglich. Die Übersetzung übernimmt die KI, die Verantwortung bleibt bei kompreno. „Unsere KI übernimmt 99 % des Prozesses, doch den entscheidenden Prozent geben wir nicht aus der Hand“, sagt Adler und gewährleistet so, dass die Leistung der Journalist*innen geschützt wird – und sie sich darauf verlassen können, dass ein Mensch das Endprodukt absegnet.

Wer KI als Assistentin für zeitaufwendige, repetitive Aufgaben nutzt, ohne dabei die Verantwortung ganz abzugeben, macht wichtige Ressourcen für die eigene kreative Arbeit frei, für die auch künftig der Mensch einsteht.

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