Initiativen derHamburg Kreativ Gesellschaft

Wer beantwortet die großen Fragen, Michael Kellner?

Kreative werden immer wichtiger in Innovationsprozessen, weil sie sich selbst ständig neu erfinden, erklärt Staatssekretär Michael Kellner, seit Oktober Ansprechpartner der Bundesregierung für die Kultur- und Kreativwirtschaft. Zugleich sorgt er sich um die Versorgung von Soloselbständigen.

Wer beantwortet die großen Fragen, Michael Kellner? -

Herr Kellner, welches kreativwirtschaftliche Produkt bereichert Ihren Alltag derzeit am meisten?

Ganz klassisch das Buch. Ich bin eine große Leseratte, mein Lieblingsbuch „Machandel“ von Regina Scheer habe ich geradezu verschlungen. Kürzlich las ich „Die Anomalie“ von Hervé le Tellier. Das hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Gegen den Alltagsstress zocke ich mit viel Freude mit meinen Kindern an der Playstation. Am liebsten spielen wir kooperative Spiele wie „It Takes Two“ oder „Overcooked“.

Deutschland ist ein exportorientierter Industriestandort, ein ingenieursgetriebenes Hochtechnologieland. Welche Rolle spielt die Kreativwirtschaft in diesem Land heute und in Zukunft?

Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist nach der Automobilwirtschaft der zweitgrößte Wirtschaftszweig in Deutschland. Rund zwei Millionen Menschen arbeiten in den unterschiedlichen Bereichen. Ohne Zweifel, die Kreativwirtschaft spielt eine sehr große Rolle in Deutschland und wird das auch in Zukunft tun. Die Branche forderte schon lange einen Ansprechpartner in der Bundesregierung und ich finde es richtig, dass diese Position im Wirtschaftsministerium angesiedelt ist. Deutschland produziert schließlich nicht nur Autos und Maschinen, sondern auch kulturelle und kreative Güter, die genauso zum Bruttoinlandsprodukt beitragen und eine große Strahlkraft nach außen besitzen.

„Die Branche forderte schon lange einen Ansprechpartner in der Bundesregierung und ich finde es richtig, dass diese Position im Wirtschaftsministerium angesiedelt ist.“

In Hamburg unterstützt der Cross Innovation Hub die Kollaboration von Unternehmen und Kreativen, um Innovationen anzustoßen und voranzutreiben. Welchen Beitrag leistet die Kreativwirtschaft in einem neuen, zukunftsfähigen Innovationsökosystem?

Um zukunftsfähig zu bleiben, müssen neue Wege gegangen und aufgezeigt werden. Genau darin liegt die Stärke der Kultur- und Kreativwirtschaft, insbesondere auch im Bereich der nicht-technischen Innovationen. Wir werden immer digitaler, immer schnelllebiger. Wer wüsste besser damit umzugehen als kreative Köpfe, die sich ständig ausprobieren und neu erfinden. Die Kreativwirtschaft ist schon länger dabei, sich klimaneutraler und umweltfreundlicher aufzustellen. Gerade im Bereich der Kreislaufwirtschaft sehe ich viel Potential. Wie müssen die Produkte von morgen aussehen, damit wir möglichst wenig Ressourcen verbrauchen und die, die wir nutzen, möglichst langlebig sind? Bei Design und Architektur bewegt sich viel. Auch andere Teilbranchen wie die Film- oder Musikwirtschaft setzen immer mehr auf innovative, ökologische Konzepte.

Vor welchen Herausforderungen steht die Kreativwirtschaft in Deutschland aktuell und in Zukunft?

Es wird im Kulturbereich herausfordernder, Fach- oder Arbeitskräfte zu gewinnen – oder auch einfach nur zu halten. Viele Unternehmen finden keine geeigneten Azubis, der Nachwuchs bleibt also weitgehend aus. Hier müssen wir gemeinsam überlegen, wie die Branche weiterhin ein attraktiver Arbeitgeber sein kann und welche Rahmenbedingungen sich verbessern müssen. Die Covid-19-Pandemie hat dazu geführt, dass viele Kreative sich notgedrungen eine andere Arbeit suchen mussten, weil sie keine Aufträge mehr erhielten. Nicht alle sind an ihre alte Stelle zurückgekehrt. Zusätzlich gibt es im Kreativbereich viele Soloselbstständige, von Tontechniker*innen bis zu Kleinkünstler*innen. Die Pandemie hat ihre lückenhafte wirtschaftliche und soziale Absicherung verschärft. Die Sorge vor Altersarmut ist bei Soloselbstständigen sehr real. Auch die gestiegenen Energiepreise durch den russischen Angriffskrieg setzten die Kultur- und Kreativbranche unter Druck. Kinos, Theater oder Clubs müssen viel Kraft und Kreativität aufwenden, um diese Preissteigerungen abzufedern. Nicht allen wird das möglich sein, denn nach den Pandemiejahren fehlen da die Rücklagen.

„Mit der neuen Fachkräftestrategie unterstützt die Bundesregierung nicht nur gezielt Aus- und Weiterbildungen hier in Deutschland.“

Was plant die Bundesregierung, um die Kreativwirtschaft bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zu unterstützen?

Die Kultur- und Kreativwirtschaft lockt viele Quereinsteigende, auch aus dem Ausland. Mit der neuen Fachkräftestrategie unterstützt die Bundesregierung nicht nur gezielt Aus- und Weiterbildungen hier in Deutschland. Es werden auch die Einwanderungsregelungen modernisiert. Künftig werden wir Qualifizierungen „on the job“ anerkennen. Wer zwei Jahre relevante Berufserfahrung für den zukünftigen Job nachweisen kann, darf nach Deutschland einwandern – auch wenn dieser Beruf nichts mit der ursprünglichen Ausbildung zu tun hat. Zudem wollen wir die Situation für Soloselbstständige in der Kultur- und Kreativwirtschaft verbessern. Dafür werden wir dieses Jahr eine breit angelegte Studie in Auftrag geben, aus der wir konkrete Maßnahmen ableiten können. Ein erster Schritt für eine bessere Absicherung war die Einführung des Bürgergeldes 2022. Mit dem gesicherten Schonvermögen und der verlängerten Karenzzeit ist für Kulturschaffende das Risiko, in Altersarmut zu landen, geringer. Um die gestiegenen Energiekosten zu dämpfen, hat die Bundesregierung bereits mehrere Entlastungspakete auf den Weg gebracht. Neben der Gas- und Strompreisbremse, die seit Februar greift, stellen wir eine Milliarde Euro in einem Energiesonderfonds explizit für Kultureinrichtungen und Kulturveranstaltende bereit. Die ersten Anträge auf Unterstützung können bereits gestellt werden. Das gilt rückwirkend bereits ab Januar 2023.

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