Ansagen aus den USA
Befragt man Hamburger Filmschaffende zur Lage in der Branche, kommt das Gespräch schnell auf den Streaming-Markt. Die Budgets für Serienproduktionen waren jahrelang prall gefüllt. Drehbuchschreiber*innen, Regisseur*innen und Schauspieler*innen konnten sich in neuen Formaten und Erzählweisen ausprobieren. Aber nun kürzen Netflix & Co die Gelder. Der Wettbewerb um Zuschauer*innen ist härter geworden, die Herstellungskosten sind gestiegen. Anbieter wie Sky wollen gar keine fiktionalen Stoffe mehr in Deutschland produzieren.
Was das für die vielen Freischaffenden bedeutet, kann Gaby Scheld beurteilen. Mit ihrer Agentur La Gente vertritt sie mehrere Dutzend Regisseur*innen, Editor*innen und Drehbuchschreiber*innen im fiktionalen Bereich. „Wir spüren jetzt noch deutlicher, was in Amerika entschieden wird“, sagt sie. „Heißt es dort, die Zuschauer seien serienmüde, dann brechen hier die entsprechenden Aufträge weg.“ Aktuell seien wieder mehr Einzelstücke gefragt.
Auch die Arbeitsbedingungen sind Gaby Scheld zufolge durch die „Golden Years“ amerikanischer geworden. Hätten früher viele Produktionsteams fast immer bis zum Ende eines Projekts zusammengearbeitet, werde jetzt immer „jede Drehbuchfassung einzeln beauftragt“.
Gleichzeitig sei der Fachkräftemangel sehr präsent, vor allem im Film- und Serienbereich, sagt MOIN-Geschäftsführer Helge Albers. Um den Quereinstieg zu erleichtern, bieten MOIN, die Stadt Hamburg und die Hamburg Media School seit 2022 das duale Trainee-Programm „GetOnSet“ an. Mit Erfolg: Rund 85 Prozent der Trainees haben MOIN zufolge 2023 den Einstieg geschafft. Auch für die zweite Runde gab es gut 150 Bewerbungen. 12 Trainees schafften es ins Programm.
Wichtige Reform der Filmförderung
In der Postproduktion sorgt sich Benjamin Wüpper derweil um die Auftragslage. Er führt die Geschäfte bei Optical Art. Die Firma ist seit fast 40 Jahren auf Schnitt, Farbkorrektur und Mastering für Kino und TV–Filme spezialisiert. „Viele Dienstleister kämpfen um wenige Produkte,“ sagt Wüpper. Während die Preise für TV-Filme seit Jahren stagnierten, seien die Gehälter und Kosten gestiegen. Auch die Kolleg*innen vom Set würden über „nie gesehene Auftragslücken klagen“.
„Alle schielen jetzt auf die Reform der nationalen Filmförderung“, sagt Benjamin Wüpper. MOIN allein förderte 2022 Filmprojekte mit insgesamt 18 Millionen Euro. Rund die Hälfte ging an Kinofilme. „Hamburg holt aus vergleichsweise wenig Geld mehr raus“, lobt Wüpper. Wichtig für den Standort seien darüber hinaus auch der NDR und die anderen öffentlich-rechtlichen Anstalten. Mit der Novelle habe Deutschland nun etwa die Chance Steueranreize wie in Österreich zu setzen, sagt Wüpper – wichtig vor allem für große Filmproduktionen. Davon könnte auch Hamburg profitieren.