Eine Verordnung setzt die Branche unter Druck
Eine äußerst ungewöhnliche Entscheidung für einen Medizintechniker zu diesem Zeitpunkt. Denn die Branche steht seit einem Jahr enorm unter Druck. Verantwortlich dafür ist eine EU-weite Verordnung, die die Zulassungskriterien für Medizinprodukte deutlich verschärft. Sie gilt jedoch nicht nur für neue Produkte, die auf den Markt sollen, sondern auch für alle Bestandsprodukte. Expert*innen schätzen, dass sich Zulassungskosten verdreifachen, der bürokratische Aufwand sogar verzehnfacht. Bis es zu der Verordnung kam, vergingen vier Jahre. Jetzt muss jeder Hersteller bis 2024 die komplette Produktpalette neu zertifizieren lassen, auch Spiegelberg. Für den Hamburger Mittelständler und seine Mitarbeiter*innen heißt das: Alles on hold, längst etablierte Produkte erneut testen, Daten überprüfen, Berichte schreiben und wieder testen. „Das sind wahnsinnige Kosten, und ich bekomme auch gar nicht all die Leute an Board, um das überhaupt zu schaffen,” erklärt Stefan Paschko. So wie ihm ergeht es vielen in der Branche.
Die verantwortliche EU-Kommission sieht mit Blick auf diese Entwicklung keinen Handlungsbedarf. Zuletzt äußerte sich die Brüsseler Behörde so: "Die neue Medizinprodukte-Verordnung ist […] reibungslos in Kraft getreten, und die Kommission erwartet, dass die neue Verordnung ein stabiles Umfeld für eine innovative und wettbewerbsfähige Medizintechnik-Industrie in Europa bieten wird." Wirtschaftsexpert*innen sehen das anders. Die neue Verordnung bedrohe die Existenz vieler KMU. Auch künftige medizintechnische Innovationen könnten ausgebremst werden.