Brand Eins, die Zeit und andere Verlage setzen daher auf neue Geschäftsfelder wie Veranstaltungen und Weiterbildungsformate. Bei der Zeit sind es laut Christian Röpke mehr als 150 Veranstaltungen pro Jahr, von Leser- bis zu B2B-Events. Brand eins treibt auch den Verkauf von community-basierten Inhalten zu wirtschaftlichen Themen wie Führung und Geld voran, einschließlich Newslettern und Heftpaketen. Ebenso das Corporate Media-Geschäft, bei dem der Verlag Magazine und Podcasts für Unternehmen produziert.
„Buschfunk für die Dorfkultur“
Und die Lokalpresse? Die Auflage von Platzhirsch „Hamburger Abendblatt“ ist laut Statista seit 2016 um ein Drittel auf zuletzt rund 116.000 Exemplare geschrumpft. Die E-Paper-Auflage hat sich demnach seitdem auf rund 30.600 Exemplare mehr als verdoppelt. Der Ex-Springer-Titel, der seit 10 Jahren zur Essener Funke Mediengruppe zählt, bleibt damit Hamburgs meistverkaufte Tageszeitung.
Das Boulevardblatt „Hamburger Morgenpost“, kurz Mopo, erscheint wegen „zu hoher Druck- und Vertriebskosten“ seit 2024 nur noch freitags auf Papier statt an sechs Tagen und ist dafür dicker und teurer. Da sich auf Mopo.de im Schnitt 450.000 NutzerInnen pro Tag tummeln, sollen die Online-Berichterstattung ausgebaut und die digitalen Werbeeinnahmen gesteigert werden, erklärte der Verleger Arist von Harpe unlängst in der Süddeutschen Zeitung. Ob die Rechnung aufgeht, wird die Zukunft zeigen.
Daneben sprechen Nischenanbieter wie die „Eimsbütteler Nachrichten“ ihr Zielgruppen mit hyperlokalen Inhalten an, die sonst keiner abdeckt. Die „Eimsbütteler“ wollen laut Website „keine PR-Plattform, kein Boulevard und kein Käseblatt“ sein, sondern „fundierte Nachrichten“ für einen Stadtteil bieten. Das Modell scheint aufzugehen. Der „Buschfunk für die Eimsbütteler Dorfkultur“ erscheint seit 2016 im Netz und mehrmals im Jahr in gedruckter Form.
Vom Geo-Reporter zum KI-Trainer
Und wie geht’s den Freelancer*innen? Für ein Stimmungsbild besuchen wir ein Treffen von Freischreiber, einem Verband für freie Journalist*innen. Thema des Abends: „Schreiben mit KI.“ Es ist ein munteres Gespräch. Skepsis, Kritik und Aufbruchstimmung vermischen sich. Die eine Kollegin transkribiert Interviews noch Minute für Minute selbst, die andere ist froh, dass ihr die KI in Sekunden eine Textfassung des eigenen Podcasts ausspuckt und die Keywords für die SEO-Optimierung gleich mit.
Ein früherer Geo-Saison-Reporter füttert ChatGPT mit szenischen Text-Einstiegen, damit die KI irgendwann schreibt wie er und gibt im Monat bis zu 350 Euro für KI-Tools aus. Das rentiere sich nur, sagt er, da er für „gutes Geld“ Kommunikationsabteilungen von Firmen in der KI-Nutzung schule.