Money Mindset: Wie gehe ich mit Geld um?
Wie Sozialisierung und Gefühle unser Denken beeinflussen.
Wie Sozialisierung und Gefühle unser Denken beeinflussen.

Wie wir mit Geld umgehen, sagt mehr über uns aus als die Zahlen auf unserem Konto. Denn Finanzentscheidungen sind selten rein rational – sie sind geprägt von Sozialisierung, Emotionen und Überzeugungen. Und wer glaubt, „nicht gut mit Geld“ zu sein, wird seltener aktiv – mit langfristigen Folgen. Umso wichtiger ist es, sich dem Thema bewusst zu nähern: Was bedeutet Geld für mich? Und wie kann ich lernen, damit selbstsicher umzugehen?
Margarethe Honisch ist Gründerin von „Fortunalista“, Bestseller-Autorin und Finfluencerin. Sie vermittelt in Kursen, in Büchern und auf Social Media Finanzwissen – so, wie sie es sich selbst gewünscht hätte, als sie anfing, sich mit ihren Finanzen zu beschäftigen. Im Podcastinterview sprechen sie und Anissa Brinkhoff über das Money Mindset – in diesem Artikel findet ihr zusätzliche Übungen und Informationen.
Dieser Artikel ist Teil unserer Serie Finanzen für Selbstständige – entwickelt zusammen mit der freien Finanz-Journalistin Anissa Brinkhoff. Lust auf mehr Input? In ihrem Podcast Finance & Feelings startet heute eine dreiteilige Reihe, mit wöchentlich einer neuen Folge zum Thema.
Zum PodcastDas Money Mindset beschreibt die innere Haltung und den Umgang mit dem eigenen Geld. „Finanzielle Selbstwirksamkeit ist für mich dabei ein wichtiger Aspekt“, sagt Margarethe Honisch. Habe ich Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten? Traue ich mir zu, mich mit meinen Finanzen zu beschäftigen und eigene langfristige Entscheidungen zu treffen? „Wenn ich an meine Finanzkompetenz nicht glaube, fange ich logischerweise gar nicht an, mich mit dem Thema zu beschäftigen,“ erklärt sie.
Margarethe Honisch kam als Kind mit ihrer Familie als Geflüchtete nach Deutschland. „Bei uns war Geld kein Tabuthema, aber auch keins, über das viel gesprochen wurde“, erinnert sie sich. „Aber ich habe früh gelernt: Je mehr ich habe, desto freier kann ich entscheiden.“
Als weibliche Finanzexpertin erlebt sie häufig, welche gesellschaftlichen Erwartungen immer noch eine Rolle spielen: Frauen sollen „nicht zu viel wollen“, nicht egoistisch sein – schon gar nicht, wenn es um Geld geht. Diese Vorstellungen wirken oft unterbewusst weiter. „Ich arbeite mit dem Gedanken, dass Geld ein Werkzeug ist. Es verschafft uns Freiheit, Flexibilität und sogar Gesundheit“, sagt Margarethe Honisch.
In Deutschland ist Geld immer noch ein Tabuthema – deshalb fragt Margarethe Honisch in ihren Kursen immer, warum die Teilnehmer*innen bisher nicht darüber sprechen. „Und es kommen immer zwei Antworten: Entweder es ist die Scham, dass man weniger hat als alle anderen, oder es ist die Angst vor Neid, weil man mehr hat als alle anderen,“ berichtet sie.
Prägungen beeinflussen uns auch im Erwachsenenalter im Umgang mit Geld.
Die Ursachen für beide Gefühle, aber auch für den fehlenden Zugang zum Thema, liegt oft in der Kindheit. In dieser Zeit sind wir sehr auf externe Orientierung angewiesen und übernehmen meist, was unsere Eltern und unser Umfeld sagen oder wie sie sich verhalten. Diese Prägungen beeinflussen uns auch im Erwachsenenalter im Umgang mit Geld: Wir bleiben sparsam, wir denken, dass Geld hart erarbeitet werden muss, wir meinen, dass niemand mit Journalismus viel Geld verdient oder dass es viel wichtigeres gibt als Geld.
Die Psychologie nennt das auch den „Bestätigungs-Bias“. Der Begriff beschreibt, dass wir unbewusst unsere Aufmerksamkeit auf die Aspekte lenken, die mit unserer inneren Vorstellung von der Welt übereinstimmen. Wir tendieren dazu, Entscheidungen so zu treffen, dass ihre Konsequenzen unsere Einstellungen bestätigen. Wer glaubt, nicht mit Geld umgehen zu können, wird sich eher kein Finanzbuch kaufen und vermutlich nicht in das Gespräch des Freundeskreises über Gehalt und Altersvorsorge einsteigen.
„Ich höre sehr oft den Satz: ‚Geld ist mir nicht so wichtig'”, sagt Margarethe Honisch. Das impliziere, dass Geld mit etwas anderem verglichen wird: Geld ist mir nicht so wichtig wie meine Beziehung, Geld ist mir nicht so wichtig wie meine Kinder, Geld ist mir nicht so wichtig wie meine Gesundheit. „Und da frage ich mich immer, wieso muss es denn ein Vergleich sein?“, so die Expertin. „Ich kann ja einfach nur sagen: Geld ist mir wichtig. Punkt. Dadurch bin ich keine egoistischere Person als alle anderen.“
Gleichzeitig sei gesellschaftlich zu beobachten, dass Menschen ihren eigenen Wert am Geld messen würden. Wer viel verdient, hat etwas, und kann etwas, wer weniger verdient, ist weniger wert. „Ein Bankkonto sagt nichts darüber aus, wie wertvoll ich als Mensch bin, sondern eher, ob ich das Glück hatte, früh Finanzbildung zu erhalten“, meint Margarethe Honisch. Ihre Beispiele zeigen, im welchem komplexen Einfluss unser Verhältnis zu Geld steht – und wieso es deshalb sehr hilfreich ist, sich der eigenen Gedanken bewusst zu machen.
„Der beste Schritt ist, sich wirklich hinzusetzen und zu überlegen: Was denke ich über Geld? Wie geht es mir mit dem Thema?“ Um aber nicht nur an der Oberfläche zu kratzen, empfiehlt Margarethe, in einem Notizbuch oder der Notizfunktion vom Handy über Wochen hinweg aufzuschreiben, wenn ein Gedanke oder Gefühl zum Thema Geld hochkommt. „Manchmal ist es nur so ein Gedanke, dass ich vor irgendetwas zögere, dass ich denke: ‚Das darf ich mir doch jetzt nicht kaufen‘ – oder irritiert bin, wenn Freund*innen eine andere Meinung haben.“
„Glaubenssätze sind über Jahrzehnte entstanden, die werde ich nicht an einem Abend abbauen können.“
Danach erst kommt der Schritt, mit diesen Glaubenssätzen zu arbeiten und sie in eine positive, selbstbestimmte Variante umzuwandeln. „Glaubenssätze sind über Jahrzehnte entstanden, die werde ich nicht an einem Abend abbauen können.“ Denn erst, wenn sich ein neuer Satz für mich richtig anhört, kann ich ihn verinnerlichen. „Ich selbst habe den Glaubenssatz ‚Geld muss man sich hart erarbeiten‘ mitbekommen und arbeite immer noch daran“, sagt Margarethe Honisch.
Nicht nur neue Glaubenssätze brauchen Zeit, Margarethe Honisch empfiehlt, in Ruhe Finanzwissen aufzubauen, das vor teuren Entscheidungen bewahrt. Sie nennt ein Beispiel:
„Wenn du jetzt möglichst schnell 200 Euro monatlich investierst und das über eine Bank machst, mit 2,5 Prozent jährlicher Verwaltungsgebühr, im Vergleich zu einem selbst ausgesuchten ETF-Sparplan, mit nur 0,2 Prozent Kosten – dann hast du nach 30 Jahren entweder 50.000 Euro Gebühren an die Bank bezahlt oder 5.000 Euro Kosten für den ETF. Und das ist etwas, was man einfach verstehen muss. Geld, was ich an Gebühren an die Bank zahle, kann nicht für mich arbeiten.“
„Gib dir ausreichend Zeit, dir so viel Finanzwissen anzueignen, bist du selbst Entscheidungen mit einem guten Gefühl treffen kannst.“
Hier kommt wieder die finanzielle Selbstwirksamkeit ins Spiel und Margarethe Honischs Tipp: „Gib dir ausreichend Zeit, dir so viel Finanzwissen anzueignen, bist du selbst Entscheidungen mit einem guten Gefühl treffen kannst.“
Sammle Sätze, die dir bekannt vorkommen, die in dir räsonieren. Vielleicht sind es tatsächlich Sprichwörter, hier kann man auch einfach mal googeln.
Tipp: Notiere Gedanken oder Gefühle, die im Alltag auftauchen – z. B. beim Bezahlen, bei Honorargesprächen oder wenn du Rechnungen schreibst. Oft liegt dort dein Mindset verborgen.
Finde einen positiven Satz, der sich für dich glaubwürdig anfühlt und finde eine positive, selbstbestimmte Umkehr. Zum Beispiel:
❌ „Ich werde nie viel Geld haben.“
✅ „Ich lerne, mit Geld umzugehen – Schritt für Schritt.“
Wichtig ist, dass der Satz deiner Sprache entspricht. „Wenn du ihn dir nicht auf ein T-Shirt drucken würdest, ist er wahrscheinlich nicht deiner“, sagt Margarethe.
Geldgespräche schaffen Verbindung und Klarheit. Sprich mit Kolleg*innen, Freund*innen oder deinem Netzwerk über:
„Viele denken, sie sind alleine mit ihren Sorgen – dabei geht es anderen genauso. Oft sitzen unsere Vorbilder direkt neben uns auf dem Sofa“, sagt Margarethe.
Trenne dein berufliches und privates Konto und zahle dir von deinem beruflichen Konto jeden Monat ein fixes Gehalt aus. Margarethe rät: „Auch wenn ich zehntausend Euro auf diesem Konto habe, zahle ich mir nur dreitausend aus. Und diese dreitausend behandle ich genauso, als wäre ich fest angestellt. Das heißt, einen Teil lege ich zurück und spare, einen Teil gebe ich für meine Fixkosten aus, einen Teil budgetiere ich mir für meinen Lifestyle, für all die Dinge, die mich glücklich machen.“
„Am besten arbeite ich, wenn ich an einem anderen leeren, aufgeräumten Schreibtisch sitze. Wenn noch Briefe und anderes Chaos rumliegen, ist mein Kopf nicht klar“, sagt Margarethe. Und das Gleiche gilt für Finanzen: Erst wenn ich eine Struktur habe, meine Einnahmen und Ausgaben kenne, meine Unterlagen ordentlich sortiert sind und ich weiß, wo habe ich welches Konto habe, dann kann ich gut durchdachte und langfristige Finanzentscheidungen treffen.