Initiativen derHamburg Kreativ Gesellschaft

Marathon statt Sprint: 5 Finanz-Tipps für die Creative Economy

Auf die Plätze, fertig, los: Von den ersten Gedanken zum eigenen Money Mindset bis zur soliden Altersvorsorge ist es für Kreative ein langer Weg, der Ausdauer braucht. Fünf Tipps, sich finanziell im Jetzt und (Über-)Morgen abzusichern.

Akteur*innen der Kreativwirtschaft stehen in Sachen Finanzen vor besonderen Herausforderungen: Wer selbstständig ist, muss eigenverantwortlich für die Rente, aber auch für Unwägbarkeiten wie die Berufsunfähigkeit vorsorgen. Prekäre Arbeitsverhältnisse ohne feste Verträge oder mit geringer Entlohnung sind keine Seltenheit. Die Gender Pay Gap klafft in der Kreativwirtschaft besonders deutlich, der Eintritt in die Künstlersozialkasse (KSK) ist ein bürokratischer Kraftakt. Kurzum: Diverse Bedingungen erschweren die eigene Finanzplanung.

Hinzu kommt fehlende Bildung: Selina Haupt, Co-Founderin von moneten, erzählt auf dem German Creative Economy Summit 2025, mit welchen Grundvoraussetzungen (nicht nur) Kreative in die Finanzvorsorge starten. „Die hiesige Finanzbildung ist unzureichend. Weder in der Schule noch in der Ausbildung lernen wir, was es bedeutet, finanziell vorzusorgen.“ Oft stamme das Wissen lediglich aus dem eigenen Elternhaus: andere Generation, andere Möglichkeiten, andere Voraussetzungen.

„Deswegen haben wir Angst vor Fehlentscheidungen und tendieren dazu, eher Finanzberater*innen zu vertrauen als uns selbst."

Selina Haupt

„Deswegen haben wir Angst vor Fehlentscheidungen und tendieren dazu, eher Finanzberater*innen zu vertrauen als uns selbst“, sagt Haupt auf dem Panel „Cash & Care: Honorare verhandeln, Fair Pay erreichen, Altersvorsorge planen“.

Doch was können Kreative tun, um ihre Finanzen selbst in die Hand zu nehmen? Fünf Tipps helfen, sich auf den Weg zu machen. Spoiler: Das ist kein Sprint, sondern ein Marathon.

1. Mit dem eigenen Money Mindset auseinandersetzen

Bevor Kreative in Sachen Finanzen aktiv werden, empfiehlt Haupt, sich mit dem eigenen Money Mindset auseinanderzusetzen – also die eigene Haltung zum Thema Geld zu erkunden. Dabei helfen Fragen wie: Woher kommt meine persönliche Einstellung zu Geld? Wie gehe ich aktuell mit meinen Ressourcen um? Was sind mögliche Glaubenssätze über Erfolg oder Sicherheit, die ich verinnerlicht habe?

Wer beispielsweise behauptet, „Geld ist mir nicht wichtig“, meint vielleicht eher entsprechende Statussymbole, als die Moneten selbst – und verhindert so, das Thema ernst zu nehmen. Das eigene Money Mindset zu analysieren, hilft, internalisierte Einstellungen und Ängste zu verstehen, zu überkommen und eine positive Beziehung zum Thema Finanzen aufzubauen.

2. Überblick verschaffen und finanzielle Ziele definieren

Der nächste Schritt einer selbstbestimmten Finanzplanung ist, den eigenen Status quo zu verstehen. Dabei hilft ein klassisches Haushaltsbuch: Kreativschaffende sollten für mindestens drei Monate alle Einnahmen und Ausgaben dokumentieren, um einen realistischen Überblick über die eigene finanzielle Situation zu bekommen. Gerade Selbstständige kennen schwankende Einkünfte und sollten ihren Kontostand über einen längeren Zeitraum beobachten. So können sie verstehen, wie hoch ein Tagessatz sein muss, der alle Kosten deckt – und welche Summe überhaupt für Vorsorge und Investments zur Verfügung steht.

Anissa Brinkhoff, Sandra Klug und Selina Haupt sprachen beim German Creative Economy Summit über Finanzen. Credit: Jonas Walter
Anissa Brinkhoff, Sandra Klug und Selina Haupt sprachen beim German Creative Economy Summit über Finanzen. Credit: Jonas Walter

Ein weiterer Meilenstein? Ziele definieren! Dabei empfiehlt Haupt, sich von den aktuellen realen Einkünften zu lösen und sich ganz grundsätzlich zu fragen: Was ist mir wichtig? Dabei werden kurz-, mittel- und langfristige Ziele unterschieden. Kurzfristig bedeutet, Ziele für die nächsten zwei bis fünf Jahre zu definieren, also Urlaube oder kleinere Anschaffungen. Mittelfristige Ziele umfassen den Zeitraum von drei bis zehn Jahren und meinen größeren Investitionen, etwa eine Immobilie oder eine geplante Auszeit. Langfristig bedeutet, weit entfernte Ziele bis zum letzten Arbeitstag zu bedenken: Stichwort Altersvorsorge. Anissa Brinkhoff, Finanzjournalistin und Moderatorin des Panels, bringt dabei den Begriff der Rentenlücke ein. Also jene Differenz aus erwarteter und gewünschter Rentenhöhe, die es zu schließen gilt – das langfristige Ziel jeder Finanzplanung.

3. Sparen, Vorsorgen, Investieren – über die gesetzliche Rente hinaus

Auf dem Panel des Summits sind sich alle einig: Am wichtigsten ist es, anzufangen. Dabei unterscheiden sie zwischen drei Maßnahmen: Sparen, Investieren und Vorsorgen.

Sparen bedeutet, eine Summe zurückzulegen, auf die man im Alltag nicht angewiesen ist, die im Notfall aber verfügbar ist. Eine Faustregel für Selbstständige lautet: Drei bis sechs Monatsgehälter sollten es sein. Ein erster, niedrigschwelliger Schritt ist dann zum Beispiel das Eröffnen eines Tagesgeldkontos: Hier bekommen Nutzer*innen einen (geringen) Zins, ohne, dass ihr Geld dauerhaft gebunden ist. Eine wichtige Voraussetzung für diesen Finanzpuffer.

„Ich empfehle, nur zu kaufen, was man auch versteht.“

Sandra Klug

Investieren meint, das Geld gewinnbringend anzulegen – elementar für langfristige Ziele der Altersabsicherung. Zum Beispiel in Aktien, ETFs oder Krypto. Sandra Klug, Abteilungsleiterin bei der Verbraucherzentrale Hamburg und ebenfalls Panelistin, gibt den Tipp: „Ich empfehle, nur zu kaufen, was man auch versteht.“ Bei Investitionen dieser Art sollten Kreativschaffende sich bewusst darüber sein, dass das Geld dauerhaft gebunden ist. Gerade bei schwankenden Einkünften ist das ein Faktor – der sich jedoch auszahlt. Denn wer Geld langfristig investiert, profitiert vom sogenannten Zinseszins. Das bedeutet jedoch nicht, dass dieser Baustein gänzlich unflexibel ist: Bei modernen Finanzlösungen gäbe es zum Beispiel oft flexible Sparraten, betont Haupt. Klug ergänzt außerdem: „Lösen Sie sich von dem Gedanken, dass nur Finanzprodukte dafür sorgen, dass im Alter monatliche Summen aufs Konto kommen. Auch Kunst, Edelmetalle oder Immobilien können eine finanzielle Absicherung fürs Alter sein.“

Der letzte Baustein ist die Vorsorge: Hierunter versteht man beispielsweise die Risikoabsicherung durch eine Haftpflicht- oder Hausratversicherung. Doch auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung empfehlen Expert*innen dringend: Denn rund jede vierte Person wird im Laufe ihres Lebens berufsunfähig. Eine große Chance besteht für viele selbstständige Kreative außerdem in der KSK, die die Rolle eines Arbeitsgebers einnimmt, der die eigens eingezahlte gesetzliche Rentenzahlung monatlich verdoppelt. „Wo bekommt man schon fünfzig Prozent Zuschuss?“, fragt Selina Haupt begeistert. Sie empfiehlt außerdem, die eigenen Einkünfte bei der KSK nicht kleinzurechnen, denn je mehr man angebe, desto mehr zahle man auch in die gesetzliche Rente ein.

Übrigens: Der Staat geht selbstredend davon aus, dass die gesetzliche Rente nicht ausreiche und Bürger*innen privat vorsorgen. Sie sei trotzdem eine wichtige Grundabsicherung, betont Klug.

Übrigens: Der Staat geht selbstredend davon aus, dass die gesetzliche Rente nicht ausreiche und Bürger*innen privat vorsorgen. Sie sei trotzdem eine wichtige Grundabsicherung, betont Klug.

4. Beratung bei der Verbraucherzentrale – gemeinsam den Grundstein legen

Wem bei der Auswahl passender ETFs und dem Lesen seitenlanger Versicherungspolicen der Kopf schwirrt, sollte nicht dem Impuls folgen, direkt wieder aufzugeben, sondern sich Hilfe suchen. Die finden Kreativschaffende zum Beispiel bei der Verbraucherzentrale, die unabhängig und kostengünstig berät. Hier können Finanz- und Versicherungsdienstleistungen besprochen und individuell ausgewählt werden. Wer sich dauerhaft beraten lassen möchte, kann auch die Arbeit von Finanzberater*innen nutzen. Hier ziehen die Panelistinnen eindeutig Honorarberatungen jenen auf Provisionbasis vor – denn wer letztere für die eigene Arbeit erhält, hat meist nicht nur die Interessen der Kund*innen im Blick.

5. Selbstbewusst faire Bezahlung aushandeln

Am Ende geht es auch um die Menge an finanziellen Ressourcen, die es zu sparen oder investieren gibt. Zur finanziellen Absicherung gehört also auch, eine faire Bezahlung für die eigene Arbeit zu erhalten. Dazu ist es hilfreich, die Durchschnittsverdienste für die eigene Branche und den Standort zu recherchieren und sich intensiv auszutauschen. Moderatorin Anissa Brinkhoff erzählt beispielsweise von einer Chatgruppe, in der sie mit Branchenkolleg*innen Löhne bespricht.

„Mir wurde immer gesagt, mit Journalismus verdiene man nicht viel“, erzählt sie. „Aber dieser Auffassung darf man auch widersprechen.“

Anissa Brinkhoff

„Mir wurde immer gesagt, mit Journalismus verdiene man nicht viel“, erzählt sie. „Aber dieser Auffassung darf man auch widersprechen.“ Wer weiß, was er*sie verlangen sollte, kann selbstbewusst in die Preisverhandlung gehen. „Man ist immer mehr wert, als man denkt“, ermutigt Sandra Klug am Ende des Panels die Gäste des GCES 2025 auf Kampnagel. Ein guter Startschuss, um den Marathonlauf zu beginnen.

Zu den Personen

Selina Haupt ist Mitgründerin von moneten, einer Finanz-App, die besonders Frauen bei selbstbewussten Finanzentscheidungen unterstützt. Zuvor war sie u.a. im Sparkassen Innovation Hub, bei Check24, HSBC und BCG tätig. Sie lebt in Hamburg.

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Selina Haupt

Mitgründerin, moneten

Anissa Brinkhoff ist freie Finanzjournalistin, Speakerin und Podcasterin. Sie setzt sich für Female Finance und Finanzbildung ein, berät Unternehmen, hält Workshops und motiviert Frauen, ihre Finanzen aktiv anzugehen. Sie lebt mit Tochter und Freund in Hamburg.

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Anissa Brinkhoff

Freie Finanzjournalistin, Speakerin und Podcasterin

Sandra Klug leitet bei der BaFin den Bereich Geldanlage, Altersvorsorge und Versicherungen. Die Juristin war zuvor lange für die Verbraucherzentrale Hamburg tätig und ist Mitglied mehrerer Beiräte, u.a. beim Versicherungsombudsmann und der BaFin.

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Sandra Klug

BaFin

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