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Elternschaft und Finanzen in der Selbstständigkeit

Warum gute Planung, faire Aufteilung und ehrliche Gespräche entscheidend sind – und welche Tricks dabei helfen.

Elternschaft und Finanzen in der Selbstständigkeit -

Wenn ein Kind kommt, verändert sich fast alles – auch die finanzielle Situation der neuen Familie. Besonders bei selbstständigen Eltern stehen viele Fragen im Raum: Wer verdient wie viel weiter? Wer geht wie lange in Elternzeit? Wie wirkt sich Care-Arbeit auf mein Business aus? Und wie lässt sich Elternschaft langfristig finanziell fair gestalten?

Weil diese Fragen so komplex sind, haben Marielle und Mike Schäfer die Beziehungsinvestor*innen gegründet, ein Informations- und Beratungsangebot rund um Elternschaft und faire Finanzen. Sie geben hier ihre wichtigsten Tipps.

Wir sind schwanger, was jetzt?

Ob das Kind schon unterwegs ist oder erst geplant wird: Zukünftigen Eltern hilft es sehr, möglichst früh die finanziellen Planungen rund um Mutterschutz, Elternzeit und danach anzugehen. Denn während Festangestellte ihre Einnahmen gut planen können, müssen Selbstständige mehr rechnen.

„In der Regel ist in einer werdenden Familie erst einmal weniger Geld da. Denn mindestens ein Elternteil wird die Erwerbsarbeit reduzieren müssen,“ erklärt Marielle Schäfer. „Als angestellte Mutter erhält man während des Mutterschutzes noch das ursprüngliche Gehalt als Mutterschaftsgeld – bei den meisten Selbstständigen fällt das bereits weg, da die wenigsten entsprechende Versicherungstarife abgeschlossen haben.“ Nur wer in der Künstlersozialkasse Mitglied ist, bekommt auch ohne zusätzlichen Vertrag als Selbstständige Mutterschutz.

Dieser Artikel ist Teil unserer Serie Finanzen für Selbstständige – entwickelt zusammen mit der freien Finanz-Journalistin Anissa Brinkhoff. Lust auf mehr Input? In ihrem Podcast Finance & Feelings startet heute eine dreiteilige Reihe, mit wöchentlich einer neuen Folge zum Thema.

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Es hilft, schon früh ein finanzielles Polster auf einem zusätzlichen Tagesgeldkonto anzusparen.

Aber nicht alle Schwangerschaften verlaufen so, dass die werdenden Mütter bis zur Geburt weiter arbeiten können. Festangestellte Schwangere können sich krankschreiben lassen, als Selbstständige bräuchte man wieder eine zusätzliche Versicherung. Hier hilft es, schon früh ein finanzielles Polster auf einem zusätzlichen Tagesgeldkonto anzusparen, für den Fall, wenn die schwangere Selbstständige – oder auch der selbstständige Partner – krank wird und das Gehalt ausfällt. Marielle Schäfer rät, schon vor der Schwangerschaft mit dem Partner oder der Partnerin diese Situation durchzusprechen und zu überlegen, wie Gehaltsausfälle finanziell aufgefangen werden können – so dass die Schwangerschaft frei von finanziellen Sorgen bleibt.

Denkfehler und Rollenverteilungen: Die Kosten der Ungleichheit

Studien zeigen, dass selbst gleichberechtigte heterosexuelle Paare nach der Geburt des ersten Kindes in traditionellere Rollenverteilungen rutschen. Die Mutter übernimmt den großen Teil der der Elternzeit und arbeitet auch danach nur in Teilzeit. In gleichgeschlechtlichen Beziehungen sieht das anders aus.

„18 Jahre nach der Geburt trägt die Mutter im Schnitt einen Verlust von 180.000 Euro."

Die langfristigen Folgen einer ungleichen Verteilung sind dramatisch – vor allem für die Mütter. „18 Jahre nach der Geburt trägt die Mutter im Schnitt einen Verlust von 180.000 Euro“, so Marielle Schäfer. Der Vater im gleichen Zeitraum? „Im Schnitt einen Gewinn von 27.000 Euro“. Dazu kämen für Väter aber emotionale Konsequenzen: „Viele Väter berichten Jahre später, dass sie sich mehr Zeit mit ihren Kindern gewünscht hätten – aber die Rollenverteilung war einmal festgelegt, ein Zurück kaum möglich,“ berichtet Marielle Schäfer aus ihrer Beratungspraxis. Gleichzeitig holen Mütter den finanziellen Verlust kaum wieder auf und sind im Alter eher von Altersarmut bedroht.

Deshalb gilt: als Paar nicht nur besprechen, wie die Elternzeit zwischen Vater und Mutter aufgeteilt wird, sondern direkt die Zeit danach mitdenken. Wie wird der Wiedereinstieg in den Beruf gestaltet? Ab wann und für wie viele Stunden soll das Kind in die Betreuung gehen? Wer kümmert sich um die Stunden davor und die Nachmittage?

Elternzeit und Elterngeld frühzeitig planen

Festangestellte wie Selbstständige bekommen Elterngeld als staatliche Leistung. Gemeinsam stehen Eltern 14 Monate Basiselterngeld zur Verfügung „Wir empfehlen, frühzeitig auszurechnen (mit dem Elterngeldrechner des Bundesministeriums), wie hoch das eigene Elterngeld ausfallen wird,“ rät Marielle Schäfer. Wenn der monatliche Gewinn in etwa 2.800 Euro beträgt, erhalten Mütter oder Väter den Höchstsatz von 1.800 Euro pro Monat, wenn das Basiselterngeld genutzt wird. Wer diesen Wert nicht erreicht, kann sich überlegen, zur Optimierung einen Minijob anzunehmen oder die Steuerklasse zu wechseln – hier am besten die Steuerberaterin fragen.

Zusätzlich wichtig: Der Mindestsatz beim Elterngeld liegt bei 300 Euro. Seit 2025 gibt es eine weitere Einschränkung: Wenn Paare mehr als 175.000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen haben, verfällt das Recht auf Elterngeld.

Aus ihrer Erfahrung weiß Marielle Schäfer, dass es bei smarter Planung für selbstständige Eltern „viel Flexibilität und Möglichkeiten in der Elterngeldgestaltung gibt, aber man muss sich schon ausführlich damit beschäftigen.“ Sie empfiehlt allen Selbstständigen auch den Partnerschaftsbonus einzuplanen – das sind zusätzliche vier Monate Elterngeld, wenn beide parallel erwerbstätig sind. Trotzdem fällt das Elterngeld eben niedriger aus als das vorherige Gehalt – und für diese Lücke wird am besten frühzeitig ein kleines Polster angespart.

Es lohnt sich, eine kostenlose Beratung bei der zuständigen Elterngeldstelle in Anspruch zu nehmen.

Wie die optimale Lösung zwischen Basiselterngeld, Elterngeld Plus und pausierten Monaten ohne Elterngeld aber mit Einnahmen aus Selbstständigkeit aussieht, muss jede Familie im Gesamtkontext entscheiden. Nicht jede*r Selbstständige*r kann oder will das eigene Unternehmen über mehrere Monate pausieren, deshalb ist die Flexibilität toll, das Elterngeld zwischendurch auszusetzen.

Gerade weil diese Planung des Elterngelds so komplex ist, lohnt es sich hier, eine kostenlose Beratung bei der zuständigen Elterngeldstelle in Anspruch zu nehmen oder auch kostenpflichtige Kurse bei Expert*innen zu buchen. Bei allen Beratungen lohnt es sich vorher anzufragen, ob diese mit den Besonderheiten für Selbstständige vertraut sind.

Was heißt eigentlich „fair“?

Jedes Paar entscheidet für sich, ob eine faire Aufteilung von Care- und Erwerbsarbeit 50:50, 60:40 oder auch 80:20 bedeutet. Denn jede Familie funktioniert anders. Damit nur langfristig keine finanzielle Abhängigkeit oder Ungleichheit entsteht, kann jedes Paar selbst für einen Ausgleich sorgen.

Das fängt für Marielle Schäfer schon beim Kontomodell an: „Wir empfehlen ein 3-Konten-Modell, wobei alle Einnahmen auf das Gemeinschaftskonto gehen und am Ende des Monats der Rest 50/50 oder gar 60/40 oder 70/30 zu Gunsten der Care-Arbeitenden Person ausgezahlt werden.“

Damit vor allem auch im Alter beide eine eigene Rente haben, kann auch für die Care-Arbeitende Person zusätzlich weiter freiwillig in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt oder eine private Altersvorsorge aufgesetzt werden, die eben von der erwerbstätigen Person bezahlt wird.

Wer ganz sicher gehen will oder nicht einverstanden ist mit den Beziehungsregeln, die beispielsweise durch eine Hochzeit automatisch gelten, kann in einem Ehe- oder Partnerschaftsvertrag eine Ausgleichszahlung für geleistete Care-Arbeit festlegen. Wie hoch so etwas sein kann, muss individuell mit einer Familienanwältin geklärt werden, am besten jemand, die die Problematik kennt.

Und wenn schon Kinder da sind?

Montagmorgen, Kind krank, die Kalender von beiden Eltern sind voll mit Calls und Deadlines. Springt jetzt die selbstständige Person für die Betreuung ein, weil ihr Job flexibler ist? „Das muss nicht so sein, denn der wichtigste Hebel für beidseitigen beruflichen Erfolg ist und bleibt eine gleichberechtigte Elternschaft,“ so Marielle. Wenn beide Elternteile, egal ob selbstständig oder angestellt, den eigenen Part der Care-Arbeit übernehmen, entsteht für Mütter wie Väter viel mehr Raum und Planbarkeit.

„Klärt vorher, wer wann Kindkrank-Tage übernimmt!"

Das Beispiel der Beziehungsinvestor*innen: „Klärt vorher, wer wann Kindkrank-Tage übernimmt, also bspw. die Mutter immer Montag und Dienstag, zweiter Elternteil immer Mittwoch und Donnerstag und Freitag wird abgewechselt oder jedes Mal verhandelt.“ So wüssten beide, an welchen Tagen sie wichtige Termine legen können, ohne dass diese kurzfristig abgesagt werden müssen wegen Care-Arbeit.

Marielle Schäfer empfiehlt langfristig, als Paar einen fixen Termin im Monat auszumachen, um einen gemeinsamen Blick auf die Finanzen zu werfen. Hat sich die Einkommenssituation verändert? Müssen wir eine höhere Miete stemmen? Wie viel zahlen beide in die Rente ein? Diese Themen sind zu groß, um sie nebenbei beim Familienfrühstück zu besprechen. Und wenn diese Money Dates eine Regelmäßigkeit bekommen, wird es pro Monat weniger Aufwand, die Familienfinanzen gemeinsam und fair zu managen.

Checkliste: Finanzplanung für selbstständige Eltern

Diese Punkte helfen, Elternschaft, Selbstständigkeit und Finanzen fair und vorausschauend zu organisieren.

Vor der Geburt:

  • Mutterschutz prüfen: Gibt es Anspruch auf Mutterschutzgeld? Falls nicht – wie wird finanziell ausgeglichen, dass die Schwangere trotzdem einen Mutterschutz hat?
  • Finanzielle Rücklagen prüfen: Ist der individuelle Notgroschen groß genug? Brauchen wir als Paar einen weiteren finanziellen Puffer für die Elternzeit?
  • Elterngeld ausrechnen: Wie viel Elterngeld bekommen wir und welches Modell ist für uns am sinnvollsten? Wer übernimmt wie viele Monate Elternzeit?
  • Unternehmensplanung klären: Wer übernimmt Aufgaben während meiner Abwesenheit? Wie lange kann ich pausieren – komplett oder mit reduziertem Pensum?

Nach der Geburt:

  • Finanzen in der Elternzeit: Ggf. Ausgleichszahlungen für die Person einrichten, die länger in Elternzeit bleibt und weniger Geld zur Verfügung hat
  • Betreuung planen: Ab wann und wie lange soll unser Kind in die Betreuung gehen und was kostet uns das monatlich?
  • Kindergeld: nach der Geburt beantragen und überlegen, ob anteilig davon Geld für das Kind auf einem eigenen Konto gespart oder investiert werden kann

Nach der Elternzeit:

  • Gehaltsanpassung: Wer verdient wie viel und wie gleichen wir Unterschiede aus? Zahlen beide gleich viel in die Altersvorsorge ein?
  • Krankheitsfälle: Wer übernimmt wann, wenn das Kind krank wird?
  • Regelmäßige Check Ins & Kommunikation: Money Date einführen, um finanzielle Themen und Aufgaben regelmäßig zu besprechen

Zu den Personen

Marielle und Mike Schäfer sind Gründer*innen der Beziehungsinvestor*innen. Gemeinsam informieren und coachen sie Paare und Eltern zu fairer Finanzplanung und der Gestaltung der Elternzeit. Mehr Infos gibt es unter www.beziehungs-investoren.de und in ihrem Buch „Love & Money, Gemeinsam Finanzen zukunftssicher und erfolgreich gestalten.“

Elternschaft und Finanzen in der Selbstständigkeit -

Marielle und Mike Schäfer

Gründer*innen der Beziehungsinvestor*innen

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